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ius primae noctis - eine Legende der Aufklärer?

Dienstag, 2019-09-24 15:54, Eintrag von Diana
Kategorien: altes Haus


Mit süßen Fünfzehn durfte ich den Film Braveheart eigentlich genau noch nicht sehen. So verwundert es nicht, dass ich die Szene relativ zu Beginn des Filmes sehr aufreibend fand, in der das junge Brautpaar, dessen Vermählung zuvor ausgelassen gefeiert wurde, sich trennen musste, damit der englische Herr sein Recht auf die erste Nacht mit der Braut bekam. Damit er es nicht blutig gegen Bräutigam und Hochzeitsgesellschaft durchsetzt.

Ein großer Teil unserer romantisierten Vorstellung der Freiheitskämpfe unterdrückter Unterschichten ist doch geprägt durch solche Behauptungen. Und jetzt stelle ich fest, dass sie erfunden worden sein soll, damit genau dieser Eindruck entsteht.

Uff, vor etwa 300 Jahren hat also ein kluger Kopf diese üble Nachrede erdacht, um Anhänger für seine aufgeklärte Weltanschauung gegen den Feudalismus zu mehren?
Laut einiger Historiker sollen die Quellen aus dem Mittelalter nämlich Fälschungen sein.

Aber einer mündlichen Überlieferung zur Folge soll in dem schönen Klingenburgerhof der dort ansässige Graf doch noch bis weit ins 19. Jhd hinein von diesem Recht Gebrauch gemacht haben. So lange wohl bis ein junger Fastehemann aus dem Grafen bei Nacht und Nebel eine Gräfin gemacht hat. So hält sich die Erzählung in unserem Dorf.

Was stimmt denn nun? Wikipedia sagt, erste Quellen für ein solches Recht seien 5000 Jahre alt und aus der Stadt Uruk (Mesopotamien) bekannt.

Und die Idee muss von irgendwoher stammen, wenn verschiedene europäische Namen und Quellen dafür zu finden sind.

Wenn wir uns ins Gedächtnis rufen, wie lange die Leibeigenschaft in Deutschland bestand (bis ins 19. Jhd.) Und wie viel Unrecht auch heute geschieht, wie oft das Recht des Stärkeren oder des Reicheren gilt, wird schon etwas dran sein, auch wenn das Recht nicht offiziell galt – oder was denkst Du? Und wer ist nun eigentlich der Gute, wenn die Aufklärer doch Lügner waren, die Köpfe abschlugen?

Machst Du Dir bei Deinen Recherchen immer klar, wessen Quellen Du gerade liest und welchem Zweck diese Verschriftlichungen dienten? Sind wir als AutorInnen nicht ein Stück dafür verantwortlich, welche Meinungen sich in der Gesellschaft weiterhin halten und welche abgelöst werden? Ich meine, auch wenn wir Unterhaltungsliteratur und oder Fantasy schreiben, halten wir damit etwas fest, das die Zeit durch unser Zutun ein Stück länger überdauert.