wildes Grün an Wortsalat

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Der missverstandene Tod – was nötig ist, damit wir Ostern feiern können.



Sterben kostet Kraft.
Besonders Krimiautoren und Thrillerautorinnen greifen gern nach dieser Tarotkarte, um ein bestimmtes Ereignis anzukündigen. Es entsteht der Eindruck, als würde das Bild, sobald es in einer Legung auftaucht, den baldigen Tod des Fragestellers anzeigen.
In Wahrheit geht keine ernstzunehmende Kartenlegerin davon auch nur ansatzweise aus. Und hier taucht ein weiteres Problem in dieser Sache auf: Wahrsager sind manchmal Gaukler, Quacksalber oder Profitsüchtige. Genau wie in anderen Bereichen sind das jedoch die faulen Eier. (Die Gaukler ausgenommen. Schließlich wollen sie unterhalten und nicht ernstgenommen werden.)
Es gibt auch noch eine andere Seite der Karten: Eine psychologische Deutung mit der Absicht, Verhalten und Gefühle zu reflektieren, um individuelle Lösungsansätze für Probleme zu finden. In einer solchen Legung wäre es ziemlich seltsam, Ereignisse in einer ungeschriebenen Zukunft als ausweglos anzusehen. Wozu reflektieren und Handlungsmöglichkeiten aufzeigen, wenn am Ende das Schicksal über uns bestimmt?
Was aber soll er uns dann sagen, der Tod, die Nummer 13 in der Großen Arkana? Eine Bedeutung, und da nähern wir uns den Gedanken der Autor*innen, ist, dass der Fragende die Angst vor dem Tod überwinden muss, um sein Problem zu lösen.
Dennoch bleibt zu klären, was der Tod im Sinne einer solchen Deutung eigentlich ist. Manche sagen »Transformation«. Doch das stimmt nur zum Teil.
Der Tod ist der Moment, in dem du etwas Altes aufgibst. Er ist der nötige Schlüssel für die Transformation und er braucht Kraft. Das Bekannte loslassen, ins Unbekannte übergehen, ist ein mutiger Schritt. In vielen Situationen des Lebens halten wir aus der Furcht davor ungesund lange an etwas Altem fest, das uns nicht mehr guttut. Und hier kommt die Karte ins Spiel. Welchen Aspekt deines Lebens musst du gehenlassen, damit Neues daraus entstehen darf, das seinen Platz einnimmt?
Im Kreislauf der Natur geschieht dieses Wunder der Neuschöpfung jedes Jahr. Nach dem schmerzhaften Moment, in dem wir den alten Sommer gehen ließen, begann in der Dunkelheit des Winters die Transformation. Nun zu Ostara ist die Wandlung vollendet: Der Sommer wird wiedergeboren. Wir brauchen ihn, um zu leben, den missverstandenen Tod. Nur durch ihn können wir im Fluss des Lebens bleiben. Stillstand wäre ein ewiger Winter.

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Zauber der Blütenküche – Mit festlichen Rezepten für deinen Jahreskreis
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Eintrag veröffentlicht: Montag, 2023-03-20 von Diana

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Litha oder Mittsommer, der längste Tag des Jahres



Was bedeutet Litha?
Am 21. Juni feiern wir Litha oder Mittsommer, den Höchststand der Sonne und somit den längsten Tag des Jahres. Das christliche Pendant heißt Johannistag und wird am 24. begangen.
Druiden nennen das Fest auch Meán Samhraidh. In keltischen Zeichnungen finden sich viele Bilder, die auf die Sonnenwendfeiern Bezug nehmen. Danu und Bìle die keltische Urmutter und der Urvater wurden geehrt. Vielleicht siehst du in diesen kurzen, meist warmen Nächten zum Sternbild Kassiopeia auf. Die Kelten nannten es Danus Residenz. Danus Lichter, die Sonnenwendfeuer und Sterne stehen für ihre unerschöpfliche Kraft.
Viele Bräuche wie Sprünge über das Feuer und verteilen von Asche auf den Feldern zur Segnung aber auch das Schmücken von Eichen und Weißdorn an Quellen sind überliefert, und werden mancherorts noch heute gelebt. Ein besonderes Tier (unter vielen heiligen Tieren) war für die Kelten das Pferd. Auch Riten, die Pferdefiguren einbeziehen, sind bekannt.

Es ist die Zeit der Blüte. Jetzt kannst du die wunderbaren Blüten, die dein Jahr bereits hervorgebracht hat, ehren, damit befruchten und für eine reiche Ernte bitten.
Für mich beginnt hier die Zeit der Fülle, nun erblühen so viele verschiedene Pflanzen, dass die Auswahl für ein leckeres Rezept kaum zu treffen ist. Ein bunter Salat darf zu Litha nicht fehlen. Ich mag ihn mit Erdbeeren und Salbeiblüten, Aromen, die eine besondere Kombination ergeben.

Eines der wichtigsten Sonnenwendkräuter ist das Johanniskraut. Die Verbindung wird bereits am Namen sichtbar. Der Tüpfelhartheu (Hypericum perforatum) trägt die Kraft der Sonne in sich. Ein Tee aus diesem Kraut wirkt unter anderem gegen leichte bis mittelschwere Depressionen und Bettnässen bei Kindern. Der Hauptwirkstoff, das Hypericin, ist ein fluoreszierendes, rotes Pigment, das außerdem antivirale Eigenschaften hat. (Es gibt Untersuchungen zur Wirkung bei Aids, Virushepatitis und chronischem Müdigkeitssyndrom.) Wegen der auffälligen Farbe hat das Kraut auch den Namen Blutkraut erhalten.
Das rote Öl der Pflanze findet unter anderem bei Wund- und Schmerzbehandlung Anwendung. Ein wenig Vorsicht ist geboten, denn die Kraft hat immer auch ein zerstörerisches Element. Hypericin macht den Körper empfindlich gegenüber der Sonne. Es kommt während der Einnahme oder Anwendung schnell zu Sonnenbrand. Bei normaler Dosierung auch über einen längeren Zeitraum hinweg gibt es keine Nebenwirkungen. Jedoch ist eine Gabe bei verschiedenen HIV Präparaten, Antidepressiva und Antibabypille nicht anzuraten, bitte immer mit einem Arzt absprechen.


Eintrag veröffentlicht: Donnerstag, 2021-06-24 von Diana

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Veilchen - und andere Blüten kandieren in 5 Schritten

Veilchen wurden bereits 400 vor der Zeitenwende zum Verkauf angebaut. Sie waren die Lieblingsblume von Napoleon und sind ein Symbol für die treue Liebe. Im viktorianischen Zeitalter stieg ihre Beliebtheit in Großbritannien massiv. Die Geschichte des Kandierens oder Konfierens, um Nahrung haltbar zu machen, ist ebenfalls sehr alt. Doch über all diese Dinge will ich jetzt nicht lang schwafeln. Es geht sofort in die Praxis:
Veilchen, Stiefmütterchen, Rosen, Flieder, Schlüsselblume und viele essbare Blüten mehr kannst du zum Kandieren verwenden. Durch einen Überzug mit feinem Zucker bleiben die wunderschönen Formen und Farben der Blüten bis zu einem Jahr erhalten und schmackhaft.

Was brauche ich alles, um Blüten zu kandieren?




1. ganz klar – essbare Blüten :) aus Bioanbau oder dem eigenen Garten, damit du dir sicher sein kannst, dass sie nicht gespritzt wurden.
2. etwas Zucker, (am besten eignet sich feinste Körnung, der normale funktioniert auch; aber keinen Puderzucker verwenden, weil sonst eine milchig matte Kruste entsteht, und wir wollen ja glitzernde Schönheiten zaubern.)
3. einen sauberen Pinsel
4. etwas Backpapier
5. ein Eiweiß, sauber vom Gelb getrennt
6. etwas Fingerspitzengefühl


Um die Schönheit der Veilchen in ein funkelndes Zuckergewand zu bannen, brauchst du zunächst einmal die allerschönsten Blüten. Denn nachdem der Zucker getrocknet ist, bleibt die Form für immer, oder zumindest bis sie gegessen wird.
Extra Tipp: Blüten halten sich gut 2 Tage im Kühlschrank. Wenn du nicht sofort dazu kommst, sie zu verarbeiten, stelle sie am besten dort hinein, damit sie nicht schlapp werden. Am besten eignen sich jedoch frische Blüten.

Blüten kandieren Schritt für Schritt:



1. Eiweiß schaumig schlagen. Das gelingt mit einer Gabel. Du kannst auch einen Mixer verwenden, dann nicht steif schlagen. Es genügen große Blasen, sonst ist der Schaum zu fest und lässt sich schlecht auftragen.


2. Die Blüte vorsichtig von allen Seiten mit Eiweiß einpinseln, keine Stelle trocken lassen.


3. Den Zucker über die Blüte rieseln lassen. Hier ist das Fingerspitzengefühl gefragt. Zu viel erschlägt regelrecht die natürliche Form der zarten Blätter, doch sollte jeder Fleck ein paar Zuckerkörnchen abbekommen.


4. Die Blüten auf das Backpapier legen, dabei sollten sie sich nicht gegenseitig berühren. Du kannst sie noch ein wenig in Form bringen. Auch hierbei nicht mit roher Gewalt arbeiten, durch Eiweiß und Zucker sind die Blütenblätter jetzt etwas schwerer und können leicht reißen.

5. Etwa 24 Stunden sollten die Blüten trocknen. Dafür eignet sich der Kühlschrank oder ein kühler, geschützter Ort. Wenn die (Veilchen-)Blüten ausgehärtet sind, kannst du sie in einem verschlossenen Glas bis zu einem Jahr lagern.

Kandierte Blüten sind ein absoluter Hingucker auf Muffins, Torten oder Nachspeisen und schmecken einfach köstlich.



Eintrag veröffentlicht: Mittwoch, 2021-04-21 von Diana

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Pars' Wille - Geisterkrieger und Elfenmagier



Eine zaubernde Elfe und ein mächtiges Totenheer - beides gibt's am Ende der ersten Staffel Kurzromane aus Candhun. Trotz der weltlichen Probleme meiner Protagonisten ist genug Platz für einen High-Fantasy-Showdown. Hier bekommst Du eine Leseprobe:

»Sám ist unter ihnen, ich bin mir sicher!«, rief Jesmia schockiert und bahnte sich energisch einen Weg durch die Menschentraube, die sich am Rande des Heilerlagers gebildet hatte. Ella stand einige Schritt von ihr entfernt und Rücken und Köpfe schlossen sich gleich wieder zu einer einheitlichen Front, die ihr die Sicht versperrte. Eine eisige Windböe ergriff heulend ihren Rock.
»Ella, Schätzchen!«, zischte es wie Splitter durch die Luft. Direkt vor ihren Füßen bohrte sich eine Glefe in den Boden, sie blieb federnd stecken. Ella erstarrte in der Bewegung. Verstört blickte sie auf den blonden Mann mit dem überaus ordentlichen Scheitel. Noch beim selben Lidschlag hatte der Inquisitor sie im Nacken gepackt. Seine andere Hand zog die Stangenwaffe aus der Erde. Ein triumphierendes Lachen legte sich wie ein Lasso um ihren Verstand, es zwängte alle anderen Geräusche in den Hintergrund. Sie gab einen dumpfen Laut von sich, zeitgleich zuckte ein heißer Stich durch ihren Knöchel. Instinktiv versuchte sie, Rodrik abzuwehren, doch ihre Hände fanden keinen Widerstand, sie tastete ins Nichts. Mit einem bestialischen Stoß und einer weiteren Windböe landete Ella vor einem der großen Steine inmitten des Lagers. Ein spitzer Schmerz fraß sich durch ihr Rückenmark, er zwang ihr einen gellenden Schrei ab. Begleitet von dem blechernen Lachen beugte sich Rodrik zu ihr herunter, sein Fäulnisgestank kroch ihr in die Nase.
»Überaus bezaubernd, dass wir uns endlich wiedersehen«, merkte er näselnd an. Dann packte er sie am Hals. Ohne jede Anstrengung zog Rodrik sie auf die Beine. Dabei presste er brutal sein Knie zwischen Ellas Schenkel und sie mit dem Rücken gegen den Stein.
»Wie ich sehe, hast du endlich Respekt vor mir gelernt«, fuhr er mit dem Gesicht dicht vor ihren Augen fort. Der Druck auf ihrer Kehle intensivierte sich. Ihr Blut schoss in den Kopf, es hämmerte durch die Adern. Rodriks blassblaue Augen fixierten sie verzückt. Er beobachtete schadenfroh, wie Panik von Ella Besitz ergriff. Sie suchte hektisch mit den Augen nach Hilfe, doch sein Raubtiergrinsen nahm ihr die Sicht. Die Lungen krampfte flehend nach Luft und der Schmerz zwischen ihren Beinen loderte bis in die Eingeweide. Der Inquisitor trat einen Schritt zurück, sodass Ella vor ihm auf die Knie fiel. Ihre zitternden Hände gruben sich haltsuchend in den Matsch. Hastig rang sie nach Atem. Rodrik verpasste ihr mit seinem hübsch gespornten Reitstiefel einen kräftigen Tritt in die Seite. Der Stoß wirbelte sie herum. Ausgeliefert starrte sie zu ihm auf. Diesmal war niemand zu Stelle, der ihr helfen konnte. Blaue Blitze formierten sich um seine schlanke Gestalt. Sie zuckten auf Ella zu, überdeckten ihre dumpfen Schmerzen mit andauernden kleinen Explosionen, die durch ihre Blutbahn rannen und sie an den Boden fesselten. Der fortschreitende Tag hatte den Sonnenstand bis in den Zenit getrieben. Ella konnte nichts als eine dunkle Gestalt über sich erkennen, die in den gleißend grauen Himmel emporragte. Plötzlich blendete sie zusätzlich die Reflexion an seiner Klingenspitze, die langsam auf sie zu schwebte. Die Seherin bewegte die Lippen, brachte jedoch keinen Laut hervor. Nicht einmal als die scharfe Schneide sich kurz über dem Halsausschnitt ihres Kleides in die Haut bohrte.
»Es ist mir, wie immer, ein Genuss, unser kleines Spiel«, säuselte er. Seine Stimme schnitt, wie das brennende Gefühl auf ihrer Haut, das sich gemächlich bis zum Bauchnabel senkte, während er Kleid und Haut aufritzte. Mit einer eleganten einhändigen Waffenführung schlug er eine Seite des Stoffes über ihrer Brust zurück und betrachtete sie gefräßig. Dabei sog er geräuschvoll die Luft ein und simulierte ein lustvolles Zittern. Für einen Lidschlag gewann Ellas Ekel über ihre Furcht. Sie rollte sich herum und beförderte sich mit einem verzweifelten Ruck auf die Füße.


Happy End? Was es wird kannst Du ab dem 1.10.2020 im fünften und letzten Teil der Kurzroman-Reihe für Kindle (und Kindle Unlimited) erfahren.

Pars' Wille hier für Deinen Kindle vorbestellen.
Eintrag veröffentlicht: Samstag, 2020-09-26 von Diana

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Angst als Antagonist im Roman



In Gruselgeschichten ist häufig Angst ein Werkzeug, um Spannung zu kreieren. In Candhun dagegen ist Angst sogar der heimliche Antagonist.
Heimlich deshalb, weil es einen wütenden Inquisitor gibt, der sich in einen Rachegeist verwandelt und meine Protagonisten jagt.
Doch etwas ist seltsam an den erschreckenden Ereignissen! Rodrik wird mit jedem Erscheinen stärker und er verletzt meine Protagonistin auf der physischen Ebene. Wie soll sie da keine Angst entwickeln?
Das einzige Mittel dagegen ist das Vertrauen in ihre Freunde und die eigene Kraft.
In Candhun heißt es nicht Gut gegen Böse – sondern Vertrauen gegen Angst.
Natürlich ist Ella nicht die einzige, die gegen ihre Ängste kämpfen muss. Angst isoliert – Vertrauen verbindet. Es bedarf die Hilfe Vieler, das Geheimnis zu ergründen und eine Katastrophe abzuwenden.
Was mit Ella geschieht, ist nur der Spiegel des Schicksales ihrer Heimatinsel. Candhun zerfließt unbemerkt im Strudel der Anderswelt. Doch die Machthaber im südlichen Duria verfolgen ihre eigenen Ziele. Blind für das Geschehen stürzen sie das Land in einen Krieg mit fatalen Folgen.

Schon im Oktober startet die zweite Reihe Kurzromane. In Fels der Wünsche nimmt Ellas Reise noch einmal drastisch Fahrt auf.
Aber ich greife ja vor, denn am 17.9. und am 1.10. sind die Erscheinungstage für die letzten beide Teile aus Reihe 1.

Das zweite Buch aus Candhun: Fels der Wünsche schließt sich nahtlos an Schleier der Anderswelt an.
Nicht minder lyrisch und mit dem altbekannten Funken Humor treibe ich in dem aufwühlenden Folgeroman das Abenteuer auf den Gipfel einer hohen Klippe in dem mystischen Land der Wüstenwandernden.
Ich lade dich herzlich ein, Ella und ihren Freunden dorthin zu folgen und mit ihr einen weiteren Blick hinter das dünner werdende Tuch Vhochâls zu werfen.
Erschreckende Bilder aus Llews Vergangenheit und eine unfassbare Entscheidung bestimmen über die Liebe der Seherin zu ihrem menschlichen Fokus. Doch es steht mehr auf dem Spiel als die Gefühle einer Einzelnen. Die Freunde entschlüsseln einen Teil des Rätsels, das sich hinter den Ereignissen verbirgt und treffen am Fels der Wünsche auf einen uralten Feind.

Wenn du dich schon auf das nächste Abenteuer mit Ella freust, kannst du jetzt im Anschluss eine bisher unveröffentlichte Leseprobe aus Reihe 2 genießen:


»Arme höher!« Befahl Runa ihr. »Du bietest dich an, wie eine riesige Zielscheibe!«
Das Scheppern der gekreuzten Klingen, setzte sich schmerzhaft bis in Ellas Schultern fort.
»Du schlägst viel zu fest«, beschwerte sie sich zum wiederholten Mal, obgleich sie gelernt hatte, dass diese Ansage ihr nicht helfen würde. Ihrem Gefühl nach, war die Erkenntnis darüber das Einzige, was sich durch die morgendlichen Manöver gefestigt hatte. Die lange Doppelklinge sauste erneut auf sie zu. Erst links, dann rechts. Ihre Muskeln gaben den Versuch auf, genug Gegendruck leisten zu wollen. Ella krachte rückwärts und keuchend in den Strohhaufen am Ende der Scheune. Runa senkte eine Seite ihrer Waffe auf Ellas treuloses Schwert, gleichzeitig hob sie eine Braue, um Ella auf apodiktische Weise zu bedeuten, sich ihr erneut zu stellen.
»Lass gut sein, Runa«, erklang Énris Stimme im Scheunentor, »du überforderst sie. Oder willst du, dass deine Tochter wieder drei Tage heimlich vor dem Ofen übernachtet, weil sie die Stufen nicht mehr hochgehen kann?«
Ellas Dankbarkeit über den Versuch ihres Vaters überstrahlte die aufgedeckte Schmach um ein Vielfaches. Aus Angst, vorschnell einen Rest Leistungsfähigkeit zu signalisieren, den ihre Mutter ihr sofort austreiben würde, blieb sie liegen.
»Sie muss sich verteidigen können«, gab Runa barsch zurück, »und da sie nicht ehrgeizig genug üben wird, wenn ich fort bin, muss ich Vorarbeit leisten.«
Ella rappelte sich auf. »Doch ich verspreche es dir, Mâ«, murmelte sie ergeben, in der Hoffnung dem Frühstück damit einen Schritt näher zu kommen, »warum musst du unbedingt über das Winterfeuerfest weg sein?«
Diese Frage lenkte die gnadenlose Lehrmeisterin scheinbar ab.
»Ich unterstütze Llews Vater und Ayrîns Mann, das weißt du doch. Und wie wichtig es ist, dürfte dir auch bekannt sein. Cáelán-Ait ist alles andere als außer Gefahr.«
Zu spät bemerkte Ella ihre Gutgläubigkeit. Sie wollte das Schwert aufsammeln, zeitgleich rauschte Runas Attacke auf sie zu. Zumindest Ellas Instinkt die Waffe verteidigend zwischen sie zu bringen, war durch die Übungen erwacht. Gleich darauf wirbelte sie wieder zu Boden. Ella umklammerte ihr pochendes Handgelenk.
»Runa! Muskeln wachsen nun einmal nicht über Nacht.« Mahnend schritt Énri auf seine Frau zu und senkte ihren Schwertarm.

Kurz darauf befanden sie sich endlich auf dem Weg zum Frühstückstisch, wobei Ella sich ständig die zwickende Naht ihn ihrem Schritt zurechtrückte. Sie konnte sich nicht daran gewöhnen, Hosen zu tragen.
Etwas später hatte sie sich des lästigen Übels um ihre Beine entledigt, um ihren neuen Rock nebst Jacke anzuziehen. Ihr Vater rief sie ins Arbeitszimmer. Er kam mit einem Packen in Leder gebundener Bücher, die durch eine Schnur zusammengehalten wurden, auf sie zu.
»Das sind Tagebücher deiner Tante, die sie über ihre Visionen verfasst hat«, eröffnete er ihr, wurde jedoch durch ihr grünmeliertes Kunstwerk abgelenkt.
»Die Kleider sind wirklich hübsch geworden«, bemerkte er anerkennend, »hat Ragin dich bei einem Schneider in die Lehre geschickt?« Er klemmte sich den Bücherstapel unter einen Arm, um mit der anderen Hand den Stoff ihrer Jacke zu befühlen.
»Nein, das durfte ich alles in dem Konvent lernen. Zum Glück betreiben die Menschen hier nicht so einen Aufwand mit ihrer Kleidung, wie in Duria. Rüschen annähen habe ich gehasst und ich finde sie hässlich.« Durch diese Worte glaubte Ella das Höflichkeitsthema beendet. Sie blickte neugierig auf die gravierten Ledereinbände.
»Du warst in einem ehemaligen Tempel der Sháne?« Ella wusste inzwischen, dass es in früheren Zeiten einen Druiden-Orden mit diesem Namen gegeben hatte. Ein Dokument, das ihr verbotenerweise in die Hände gelangt war, hatte darauf verwiesen. Jetzt bekam es einen Sinn für Ella. Es wurden Anwesen auf den Plätzen errichtet, die den Göttern geweiht gewesen waren, bevor die alte Religion verboten worden war. Sie trugen noch immer den ursprünglichen Namen. »Der Konvent, in den Ragin mich abgeschoben hat, war eine Schule für Töchter von wohlhabenden Bürgern und Großbauern. Das Wort hat mit seiner Herkunft nicht mehr das geringste gemein. Spinnen, nähen, kochen, Benimmregeln all das durfte ich dort lernen.« Ihr Vater nickte. »Ich hörte davon. Dann kannst du froh sein, dass du nicht früher verheiratet werden solltest.« Énri betrachtete sie. Die Erinnerungen an Duria weckten unliebsame Gefühle in ihr. Ihr Vater drehte sich um, legte die Bücher auf dem Schreibtisch ab und zog einen zweiten Stuhl heran. Sie setzten sich.
Von den Fensterscheiben zur Holzplatte verliefen changierende goldene Bänder, die feine Staubkörner langsam schwebend zu sich herauf lockten. Das romantische Bild verklärte Ellas Erinnerungen, zu unwirklich erscheinenden Traumgespinsten.
»Du solltest wissen, dass sich deine Tante das Leben genommen hat.« Énris Worte schreckten Ella auf. Sie blickte in das freundliche Braun seiner Augen, die sie im Gegenzug zu der klaren Aussage sorgenvoll musterten.
»Du denkst, dass ich etwas mit den Tagebüchern anfangen kann? Hast du sie gelesen?«, fragte Ella ihren Vater.
»Ja, ich habe versucht, sie zu studieren.« Er warf einen kurzen Blick auf das Bündel und schob es auf ihre Seite der Schreibtischplatte. »Doch es war mir nicht möglich, etwas Sinnvolles daraus abzuleiten. Ich bin mir auch nicht sicher, ob du es kannst. Runa meint, es wäre den Versuch wert.«
»Ich bin, ehrlich gesagt, sehr neugierig darauf.« Ellas Ausführung, zu der sie eben ansetzte, wurde durch lautes Wiehern unterbrochen. Beide erhoben sich für eine bessere Sicht in den Hof.
»Diurán«, entfuhr es ihr. Sie sah einen flammenden Rotschopf unter dem Rand der Kapuze des Reiters hervorzüngeln.
In der Diele angekommen, traf Ella auf sein feurig frivoles Grinsen. Sie strahlte zurück. Eine kräftige Umarmung, die sie auf die morgendlichen Torturen stieß, zwang erstickte Laute aus ihr heraus.
»Ist diese Begrüßung zu heftig für eine feine Durierin?«, fragte er. Die Mundwinkel begannen sich bis zu den Ohren auszudehnen.
»Muskelschmerzen«, murrte Ella, »Runa will, dass ich kämpfen lerne. Und ich bin ganz sicher keine feine Durierin«, setzte sie mit scharfen Unterton nach. Selbst Diuráns Gesichtszüge blieben einer gewissen Norm unterworfen. Er lockerte sie in dem Moment mit einem geräuschvollen Lachen auf.
»Entschuldige«, erwiderte er, »das hast du mehrfach bewiesen. Ich kann mir nur kein Bild davon machen, was du in diesem Konvent getrieben haben magst, den Llew erwähnte.«
»Hast du von ihm gehört?«, wollte sie hastig wissen. Die Nennung seines Namens förderte ihre sorgfältig verdeckte Sehnsucht zutage.
»Das habe ich in der Tat.«
In Ella brach Chaos aus. Diurán schenkte ihren geweiteten Pupillen ein ungeniertes Zwinkern. Er wendete sich der Begrüßung ihrer Eltern zu. Die Seherin, zu aufgeregt zum Sitzen, überfüllte den Wohnzimmertisch mit einer übertriebenen Vielfalt an Leckerbissen. Sie wollte ihren Besucher in Erzähllaune versetzen und sich eine Ablenkung verschaffen. Zu ihrem Ärger bewirkte das Angebot eine längere Redepause bei ihrem Gast, der seinen Mund mit Kauen in Bewegung hielt. Die kurzen Unterbrechungen nutze ihre Mutter, um sich über die Lage der Flüchtlinge aus dem Grenzgebiet zu informieren.
»Sie haben inzwischen viele Großbauern auf der anderen Flussseite verpflichtet, Soldaten aufzunehmen und im Winter zu versorgen, damit sie ihre Truppen nicht zurückziehen müssen«, erklärte Diurán ihr, »hinzu kommen die Plünderungen auf unserer Seite. Das Delta ist schlimm verwüstet. Die verlassen Höfe niedergebrannt.« Seine erboste Miene erweckte in Ella den Eindruck, dass er sich auf dieser Seite der Krenn die alleinige Kontrolle über das heiße Element wünschte. Die Ausführungen beunruhigten sie.
»Vanadis sagte, die Grenze wäre nach der gewonnen Schlacht einige Zeit sicher«, erwähnte sie vorsichtig.
»Damit hat der alte Adler auch recht. Sie wollen uns schwächen. Es gibt keine Hinweise auf größere Truppenbewegungen. Wenn es diesen Winter in Cáelán-Ait eine Hungersnot gibt, weil viele Bauern ins Landesinnere fliehen, haben sie im Frühjahr leichteres Spiel.« Diurán unterbrach sich für einen weiteren Bissen. »In den großen Städten Durias am Meer leben mehr als genug wehrfähige Menschen. Wenn sie die mobilisieren, dann stehen sie nach dem letzten Frost ganz schnell hier oben im Norden vor eurer Haustür.«
Ella starrte ihn entgeistert an. Sie hielt es auf dem Stuhl, auf dem sie sich kurz zuvor widerstrebend niedergelassen hatte, nicht mehr aus. Hilfsbereit erhob sie sich, um Brot aufzuschneiden.
»Das ist lecker. Ich hätte gerne das Rezept, dann weiß ich endlich etwas Sinnvolles für die ganzen Kürbiskerne aus Ayrîns Gemüsegarten.«
Mit einer Hand schob Ella eine Tonschale näher an seinen Platz. »Die Schafskäsecreme ist auch mit Kürbiskernen,« klärte sie ihn auf. Gleichzeitig fragte sie sich, wie er bei diesem Thema ans Essen denken konnte. In ihrem eigenen Magen baute sich seit Gesprächsbeginn ein stetig steigendes flaues Gefühl auf. Vor der Schlacht war sie davon ausgegangen, langsam eine Ahnung zu bekommen, was der Kriegsschrecken mit ihrem Heimatland anstellte. In den letzten Winterwochen nach ihren aufwühlenden Erlebnissen war sie etwas zur Ruhe gekommen. Sie hatte kaum mehr einen Gedanken daran verschwendet, wie es weiter gehen würde. Die Grenze war verteidigt worden. Natürlich nicht für immer. Dass es nicht einmal über die kalte Jahreszeit eine Entspannung der Lage geben sollte, führte ihr drastisch vor, wie naiv ihre Vorstellung davon geblieben war.
»Connair muss mit seinen Leuten ans Delta«, fuhr Diurán fort, nachdem er eine Ecke Kürbiskernbrot in die Kürbiskernschafskäsecreme getunkt hatte, »Cûgûrins Elfen unterstützen uns an den Bergpässen. Wir sollten in der Lage sein, sie sofort zurückdrängen. Die Vorbereitungen des Untergrunds sind gut. Es wird auf unserer Seite nicht so schnell zu einem Versorgungsengpass kommen, wie sie denken.« Er nahm einen Happen und nickte Ella schmatzend zu. Vermutlich um damit ihren kulinarischen Vorschlag zu würdigen. Sie lehnte abwesend an der Fensterkante. Diurán, ihre Mutter, ebenso Llews Vater würden sich gemeinsam mit ihren Milizen wieder in Todesgefahr begeben. Auf ein Mal wich das grelle Licht der tief stehenden Wintersonne, das neben ihr durch die Glasscheibe fiel, einem fahlen Grau. Ella spürte einen ätzenden Druck in der Speiseröhre aufsteigen. Hastig entschuldigte sie sich. Die Panik zurückdrängend lief sie vor die Tür. Vhochâls Schleier hob sich – und Llew war nicht da, um sie zurückzuholen, falls sie in die Anderswelt hinüber glitt. Dieser Umstand verstärkte ihre Furcht. Verschreckt beobachtete Ella, wie sich der Grauschleier um sie herum ausbreitete. Das konturlose Halbdunkel griff nach ihr. Von einem breiten Pfahl der angrenzenden Schafskoppel nahm sie eilig eine Handvoll Schnee auf und kühlte sich damit das Gesicht. Die körperliche Reaktion auf die Kälte brachte ihr Klarheit. Sie atmete tief durch. Etwas gestärkt murmelte sie die Worte, die sie im Wald zusammen mit Jesmia erdacht hatte, um ihren Blick bewusst auf eine der beiden Welten zu lenken. Langsam beruhigte sie sich. Mit der schwindenden Angst wuchs die Kraft der Sonnenstrahlen beständig an. Dieses Mal war es ihr gelungen, sich der Anderswelt alleine wieder zu entziehen. Es wird wieder schlimmer, dachte Ella. Sie war besorgt über ihren Zustand, doch vor ihren Eltern wollte sie sich nicht eingestehen, dass Vhochâls Flüstern lauter wurde, je mehr Zeit verging oder je länger sie Llew getrennt war? Die Idee, ihre Mutter für eine Vision zu begleiten, die ihren Freunden bei ihrem Einsatz im Süden hilfreich sein könnte, verwarf sie angstvoll.

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Eintrag veröffentlicht: Mittwoch, 2020-09-09 von Diana

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